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oeffentlich:25jahre:auszuege_aus_dem_jahresbericht_der_siedelungsgenossenschaft_freidorf_pro_1920

VI. Auszüge aus dem Jahresbericht der Siedelungsgenossenschaft Freidorf pro 1920

auszuege_aus_dem_jahresbericht.pdf

(Art. 3 des Vertrages vom 1./4. November 1921.)

Die Wohnungsfrage

Theoretiker und Praktiker, Gelehrte und Laien, Hygieniker und
Politiker haben besonders seit einigen Jahrzehnten durch Wort und
Schrift die öffentliche Aufmerksamkeit auf die Wohnungsfrage ge-
lenkt. Dieser Hinweis lässt ohne weiteres erkennen, dass dem Pro-
blem aus den verschiedensten Beweggründen Beachtung geschenkt
wird. Weil die Siedler im Freidorf meistens mit den Wohnungsver-
hältnissen in der Stadt Basel verknüpft waren, darf man hier an die
im Februar 1889 durch den Regierungsrat von Baselstadt veranstal-
tete, durch Professor Karl Bücher bearbeitete und 1891 im Druck
erschienene Wohnungsenquete erinnern, welche dann allgemein zum
Vorbilde für eine systematische Untersuchung der Wohnüngsverhält-
nisse wurde. Die gewonnenen Resultate zeigten, dass begründete
Ursache vorhanden war, den Übelständen im Wohnungswesen die-
jenigen Massnahmen entgegenzusetzen, die geeignet sein konnten,
eine Beseitigung oder wenigstens eine Milderung herbeizuführen. Dies

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geschah durch gesetzliche Bestimmungen und behördliche Verord-
nungen wohnungspolizeilicher und wohnungshygienischer Art, sowie
durch die Förderung des Wohnungsbaues auf gemeinnütziger Grund-
lage. Überall zeigte sich die Tatsache, dass eine Zusammendrängung
der Bevölkerung in die vorhandenen Häuser stattgefunden hatte, weil
sich die Zahl der Menschen erheblich rascher vermehrte als die Zahl
der Wohnungen.

Wenn es früher Zeiten gab, wo der Wohnungsmarkt in Basel
knapp war, so machte sich eine eigentliche Wohnungsnot doch erst
in den letzten Jahren fühlbar. In den ersten drei Kriegsjahren
herrschte ein Zustand, der als Wohnungsüberfluss bezeichnet werden
durfte, so dass im Ernste von «notleidenden Hausbesitzern», die dann
sogar die Hilfe des Staates in Anspruch nahmen, gesprochen werden
konnte. Der Umschwung vom Wohnungsüberfluss zum Wohnungs-
mangel erfolgte ausserordentlich schnell, aber gleichwohl hätte sich,
wenn das scheinbar so rege Interesse vieler Kreise und Personen für
die Sicherung des Wohnungsbedarfes wirklich vorhanden gewesen
wäre, ein etwas grösseres Verständnis für die erforderlichen Auf-
gaben zeigen dürfen. Um den Vorgang in ein Bild zu bringen, wollen
wir sagen, dass dem steigenden Wasser zuerst mit gemütlicher Neu-
gier zugesehen und erst an das Aufwerfen von Dämmen gedacht
wurde, als es über die Ufer flutete. Wo war die Einsicht geblieben,
die man auf Grund einer umfangreichen Literatur über die Wohnungs-
frage, sowie auf Grund ungezählter Reden über das gleiche Thema
als vorhanden betrachten durfte, und wo war der Wille geblieben,
der einem verhängnisvollen Anwachsen der Wohnungsnot Einhalt tun
wollte? Es ist vielleicht hart, aber es ist nicht ungerecht, wenn wir
sagen, dass die Wohnungsfrage von vielen als ein Mittel angesehen
und benutzt wurde, mit dem sich auf den verschiedenen Tribünen ja
Figur machen liess, das aber meistens nicht die Anwendung bis zur
praktischen Ausführung erlebte. Solange der theoretische Satz, dass
zwei oder drei Prozent verfügbarer Wohnungen einen ausreichenden
Wohnungsmarkt darstellen, durch die Verhältnisse nicht tüchtig
angefeilt wurde, hatte es ja keine Not. Da liess sich ja noch Zusehen
oder richtiger gesagt, die Übelstände des zu engen Beisammen-
wohnens, die sich, vielen unsichtbar, zu gesellschaftlichen Gefahren
entwickelten, wurden meistens ignoriert. Allem voran ging die Geld-
frage. Es wäre unsachlich, wenn man diese als nebensächlich be-
zeichnen würde, denn die finanziellen Mittel sind ja Voraussetzung
für den Wohnungsbau, gleichviel, ob er privaten oder gemeinnützigen
Charakter trägt. Dagegen dürfen die sozialen Notwendigkeiten, zu
denen die Lösung der Wohnungsfrage jedenfalls gehört, nicht einfach
durch den Hinweis auf den Geldpunkt beiseite geschoben werden.
Wo sittliche Schädigungen die Gesellschaft bedrohen, müssen eben
die Mittel gesucht werden, die solche Gefahren abzuwenden oder
wenigstens abzuschwächen vermögen.

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Von welchem Standpunkt aus man den Wohnungsbau beurteilen
mag, es wird kaum noch möglich sein, ihn ganz in die Enge, in den
Lärm und in den Widersinn der Städte oder grossen Bevölkerungs-
zentren zu verweisen. Er muss hinausgezogen werden auf das Land,
damit ihm im Falle der Erfüllung nicht das Beste versagt bleibt:
Weite, Ruhe, Luft und Sonne und besonders das Fundament des
Lebens, der Grund und Boden. Während die Berufenen in den grossen
Zentren für die Förderung des Wohnungsbaues diesem Hauptgebote
gar nicht oder nur zögernd folgen wollten, gab ihm Bernhard Jaeggi-
Büttiker, der Präsident der Verwaltungskommission des Verbandes
Schweiz. Konsumvereine (nach Verdienst dürfen wir ihn als Vater
der Siedelungsgenossenschaft Freidorf bezeichnen), den vollen Tribut,
indem er auf dem «Schänzli» im Banne der basellandschaftlichen
Gemeinde Muttenz einen Landkomplex von nahezu 100,000 Quadrat-
metern zum Zwecke der Errichtung einer Wohnsiedelung in seinen
Besitz brachte. Es sollte ein vorbildliches Werk, kurz ausgedrückt
ein Genossenschaftsdorf, gegründet werden. Als Jaeggi diese Absicht
im April 1919 im engeren Kreise von Genossenschaftern kundgab,
konnte sie im ersten Momente gar nicht anders als bestechend
wirken, aber an die verheissungsvollen Eröffnungen hefteten sich
alsbald auch allerlei Bedenken, deren Ausgangspunkt etwa durch die
Äusserung markiert wurde: «Ja, der Gedanke ist gut und schön,
aber die Menschen haben leider noch zu grosse Fehler und Schwächen,
als dass von einer derartigen Siedelung die Erfüllung der ihr zuge-
dachten genossenschaftlichen Aufgabe erwartet werden dürfte.» Wir
haben Ursache, uns zu freuen, dass Jaeggi sich von den Zweiflern —
es waren Zweifler in guten Treuen — nicht abschrecken liess, weil
das Genossenschaftsdorf sonst ein schöner Gedanke geblieben wäre.

Vorbereitungen für die Gründung

Der Plan für eine genossenschaftliche Wohnsiedelung wurde
bald über den engem Kreis der zuerst Eingeweihten hinaus bekannt.
Am 11. Mai 1919 versammelten sich auf Einladung Jaeggis mehr als
hundert Personen — meistens Arbeiter und Angestellte des Verbandes
Schweiz. Konsumvereine — im Sitzungssaale des Verwaltungsgebäudes
an der Thiersteinerallee in Basel, um die Betrachtungen und Mit-
teilungen des Initianten entgegenzunehmen und einen Gedankenaus-
tausch einzugehen.

Jaeggi, der, wie nebenbei bemerkt werden darf, schon viel früher
die grosse Bedeutung der Grund- und Bodenfrage für die sozialen
Reformen, speziell für die Lösung der Wohnungsfrage erkannt hatte,
konnte aus einer klaren Erkenntnis der Dinge heraus feststellen, wie
die Beschaffung geräumiger und freundlicher Wohnungen mit der
Zugabe von Gärten die Grundlage für die gesunde Entwicklung der

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Familie sein müsse, und wie durch die Begünstigung dieser ersten
Stufe des Gemeinschaftslebens schliesslich das gesamte Gesellschafts-
leben Nutzen erfahren könne. In den Mietskasernen der Städte werde
der Mensch der Natur entfremdet und sein Wesen oft aufs un-
günstigste beeinflusst. Deshalb erheische die Wohnungsfrage unser
volles Interesse, und unsere eifrigen Bemühungen für die Ansiedelung
auf dem Lande. Die genossenschaftliche Durchführung einer solchen
Siedelungsaufgabe könne eine ebenso wertvolle wie prächtige Gelegen-
heit sein zur Verwirklichung eines solchen Gemeinschaftsgedankens.

Die Zuhörer hätten nicht mehr oder weniger leidende Mieter
sein müssen, um bei diesen Eröffnungen gegenüber dem Projekt, das
ihnen nun enthüllt wurde, gleichgültig bleiben zu können. Vielleicht
erschien es manchem noch ungewisser als verlockend, aber der vor
den Plätzen der Besucher liegende Vorentwurf für «Statuten der
Siedelungsgenossenschaft Freidorf bei Muttenz» versicherte doch
schwarz auf weiss, dass etwas ins Werden gesetzt werden solle, und
die an den Wänden hängenden Skizzen für einen Dorfplan unter-
stützten den gedruckten Beweis. Mit gespanntester Aufmerksamkeit
wurden die allgemeinen Erläuterungen Jaeggis zum Statutenentwurf
angehört. In kurzer Zusammenfassung sollen sie hier wiederholt
werden.

Der Name «Siedelungsgenossenschaft Freidorf» bezeichnet das
Wesen der Sache. Es ist eine Siedelung auf genossenschaftlicher
Grundlage, ein Dorf im Gegensatz zur Stadt, und zwar ein Freidorf,
weil die Menschen dort frei sollen wohnen können, frei, indem sie
genügend Raum finden, und frei, indem das Dorf mit der Zeit von
jeder Schuldenlast befreit sein soll. Es muss hier beigefügt werden,
dass der Präsident des Aufsichtsrates des V. S. K., Dr. Rudolf Kündig,
der dem Projekt von Anfang an ein liebevolles Einverständnis ent-
gegenbrachte, den Namen «Freidorf» vorschlug. Der Zweck der Ge-
nossenschaft soll sein: die Förderung der sozialen Wohlfahrt, die
Verbesserung der Lebenshaltung ihrer Mitglieder. Dieser in den
Statuten wörtlich genannte Zweck soll erreicht werden: durch Er-
richtung von guten Wohnungen, durch die Beschaffung alles dessen,
was die Bewohner zum Lebensunterhalt bedürfen, wobei nicht zuletzt
der geistigen Förderung Aufmerksamkeit geschenkt werden soll.

Die Häuser im Freidorf werden auf Weisung der Genossen-
schaft erstellt und vermietet. Das Mietrecht ist unkündbar. Damit
soll vermieden werden, dass ein Mieter aus seiner Wohnung ver-
trieben wird. Somit kann der Genossenschafter, wenn er die den
Siedlern zukommenden Pflichten erfüllt, während seines ganzen
Lebens in der Wohnung bleiben. Überdies ist vorgesehen, dass die
Ehefrau oder ein anderer Erbe die Mitgliedsciiaft fortsetzen kann.
Da jede Spekulation ausgeschlossen sein muss, ist ein Weitervermieten
nur mit Zustimmung des Verwaltungsrates der Genossenschaft ge-
stattet

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Ausser der Erstellung von Wohnhäusern soll ein Genossen-
schaftshaus errichtet werden, das die Befriedigung gesellschaftlicher,
geistiger und materieller Bedürfnisse der Siedler ermöglicht und den
Besuchern des Freidorfes gastliche Unterkunft bietet. Dieses Haus
soll mit Lokalen für gesellige Zwecke (Restaurant und Gesellschafts-
zimmern), dann für Schul- und Unterrichtszwecke, sowie für die Ver-
mittlung von Waren aller Art (Kolonial-, Manufaktur- und Mercerie-
waren, Haushaltungsartikel, Milch, Fleisch etc.) in schlichter, aber
zweckdienlicher Weise ausgestattet werden. Ein allfälliger Überschuss
der genossenschaftlichen Betriebe ist zur Deckung der gemeinsamen
Ausgaben zu verwenden.

Die Organe der Genossenschaft sind die Generalversammlung,
der Verwaltungsrat und die Rechnungsprüfungskommission. Die Ge-
nossenschaft soll in demokratischer und uneigennütziger Weise ver-
waltet werden, was bei der kleinen Mitgliederzahl in hervorragendem
Masse möglich sein wird.

Das Gebiet der Siedelung liegt auf dem «Schänzli» bei St. Jakob
in der basellandschaftlichen Gemeinde Muttenz. Die Lage ist für die
der Siedelung zugedachten Zwecke sehr geeignet, weil die Siedler ihre
Beschäftigung in Basel oder Pratteln haben und die an beiden Orten
sich befindlichen Lagerhäuser des V. S. K. die Lebensmittel und son-
stigen Bedarfsartikel rasch liefern können. Das Freidorf ist von der
Endstation St. Jakob der Basler Strassenbahn in zehn Minuten er-
reichbar; die Fortsetzung der Strassenbahnlinie nach dem Baselland
ermöglicht die Strassenbahnfahrt bis zur Siedelung.

Das Freidorf soll aus 150 Wohn- respektive Einfamilienhäusern
mit Gärten in der Grösse von mindestens 200 Quadratmetern, sowie
aus dem Genossenschaftshaus und eventuell aus Nebengebäuden ge-
bildet werden. Die Häuser sollen ein einfaches Aussehen erhalten
und sich äusserlich durch ihre Bauart nicht stark voneinander unter-
scheiden. Dagegen können sie innen zum Teil nach den individuellen
Bedürfnissen ausgestattet werden. Damit Leute aus allen Schichten
der Bevölkerung resp. des Verbandspersonals im Freidorf wohnen
können, sind drei Typen von Häusern vorgesehen: ein kleines Wohn-
haus mit Fr. 850.—, ein grösseres Haus mit Fr. 1100.— bis 1200.—
und ein noch grösseres Haus mit Fr. 1600.— bis 1700.— Zinserfor-
dernis. Es ist praktisch nicht möglich, dass einer im Freidorf billiger
wohnen kann als heutzutage in einer Mietskaserne der Stadt, dem-
gegenüber sind aber die grossen Vorteile in die Augen springend, die
es jedem Mitgliede gestatten, ein ganzes Haus zu bewohnen und einen
Garten zur Verfügung zu haben, sowie den Schikanen des Haus-
eigentümers oder der Hausbewohner enthoben zu sein.

Neben den Aufklärungen über die materiellen Fragen wusste
Jaeggi in besonders interessanter Weise die geistigen Angelegen-
heiten zu beleuchten. Die Schule im Freidorfe sollte in dem Sinne zur
Reformschule werden, dass in ihr durch wahre Jünger Pestalozzis der

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Unterricht erteilt würde. Nicht allein im Schreiben, Lesen, Rechnen,
Zeichnen etc. sollten die Kinder unterrichtet werden, sondern ein
Hauptwert müsste der Erziehung zuerkannt werden, damit Menschen
mit guten Charakter- und Herzenseigenschaften aus der Schule her-
vorgehen könnten.

Die Diskussion über das Projekt wurde sowohl über einzelne
Punkte, wie über das Ganze, und zwar von Pessimisten wie von Opti-
misten geführt. Die ersteren setzten Zweifel in ein durch und durch
gutes Einvernehmen, das doch nicht fehlen dürfte, wenn die in die
Siedelung gesetzten Erwartungen sich erfüllen sollten. Die letztem
anerkannten auch, dass die Menschen noch mit vielen Schwächen
behaftet seien, indessen dürfe diese Tatsache nicht ausschlaggebend
sein, wenn es sich darum handle, ein Werk zu schaffen, das auch
wieder geeignet sein könnte, den menschlichen Charakter voll-
kommener zu machen.

Nun vereinigte sich aber das Interesse der Pessimisten und der
Optimisten wiederum, als Architekt Hannes Meyer dem provisorischen
Bebauungsplan die fachmännischen Erläuterungen angedeihen Hess.

Bei der Gruppierung der vorgesehenen 150 Einfamilienhäuser
sei vor allem auf die Lage Rücksicht zu nehmen. Deshalb müssten
alle Häuser so gestellt werden (Richtung Südost-Nordwest), dass die
Räume möglichst viel Sonnenschein erhalten. Ferner müsse man
trachten, etwas von der Verkehrsstrasse wegzukommen, was dadurch
geschehen könne, dass die Häuserreihen seitlich gegen die Strasse
gestellt werden. Zum Teil ist ein Reihenbau erforderlich, weil die
Herstellung von freistehenden Häusern zu viel kostet und unwirt-
schaftlich ist. Die Gemeinschaftsbauten werden aus praktischen
Gründen in die Mitte des Dorfes verlegt.

Durch die Erläuterungen des Architekten wurde die Diskussion
aufs neue angeregt. Sie ergab noch allerlei Äusserungen, die sich
auf das Menschliche, Technische und Praktische bezogen. Trotz
diesem Durcheinander von Empfindungen und Weisungen, von Be-
fürchtungen und Wünschen, lockte der Plan für die Siedelung Frei-
dorf die meisten doch so mächtig, dass sie sich rasch entschlossen,
der zu gründenden Genossenschaft beizutreten.

*

Die Gründung eines Dorfes hat auch eine politische Seite. Diese
kam bereits zur Geltung, als B. Jaeggi am 12. Mai 1919 eine grössere
Zahl von Eingeladenen — Regierungsräte beider Halbkantone, Ärzte,
Architekten, Lehrer, Leiter öffentlicher Betriebe etc. — mit dem
Siedelungsprojekte bekannt machte.

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Die Aussprache Hess erkennen, dass für das Projekt grosse
Sympathien vorhanden waren, auch herrschte offensichtliche Frei-
gebigkeit für gute Ratschläge, dagegen konnte nicht das gleiche
konstatiert werden in bezug auf die materielle Unterstützung. Herr
Regierungsrat Miescher aus Basel anerkannte zwar, dass die Siede-
lungsgenossenschaft die unter Wohnungsmangel leidende Stadt Basel
begünstige, weil durch den Auszug ins Freidorf eine beträchtliche
Zahl von Wohnungen frei würden, aber anderseits müsse man die
der Stadt Basel durch den Entzug von Bewohnern entstehenden
Nachteile beklagen. Eine Zusicherung für eine Subvention durch den
Kanton Basel-Stadt könne er deshalb nicht geben. Als Trost blieb
die Versicherung, dass diejenigen, die ihre Wohnungen auf das jen-
seitige Ufer der Birs verlegen, in Basel nicht als Flüchtlinge gelten
sollten, da die Stadt für sie das Zentrum ihrer geschäftlichen Be-
ziehungen bleiben werde. Herr Regierungsrat Schwander aus Liestal
erklärte, dass er sich über das neue Dorf freue — nicht wegen des
Zuzuges von Bewohnern, die dem Kanton Baselland wahrscheinlich
mehr Lasten als Einnahmen bringen würden, sondern weil das neue
Dorf ein Musterdorf werden solle. Auf eine grosse Subvention des
Kantons dürfe nicht gerechnet werden. Herr Dr. Mangold, der als
früherer Statistiker durch verdienstvolle Schriften die Wichtigkeit
des gemeinnützigen Wohnungsbaues festgestellt hatte, schlug eine
Brücke über die Interessen zwischen Stadt und Land, indem er
wünschte, dass in bezug auf die verschiedenen Fragen eine Verstän-
digung gefunden werden möchte, so in bezug auf die Strassenbahn
und die Schulen. Mit dem Abwägen der Vorteile und Nachteile, die
den beiden Kantonen durch die Siedelungsgenossenschaft erwachsen,
komme man zu keinem Ziele. Auch die Frage, ob die Stadt noch
Ursache habe, so strenge an der Residenzpflicht der Beamten fest-
zuhalten, wurde berührt und namentlich die Verbesserung der Ver-
kehrsgelegenheit durch die Strassenbahn erörtert.

Aus der Besprechung ergab sich, dass die Siedelung auf grosse
Unterstützung durch die kantonalen Behörden links und rechts der
Birs nicht werde zählen können. Diese Überzeugung vermochte in-
dessen die Vorbereitungen zur Gründung der Siedelung Freidorf nicht
zu stören. Schon Sonntag, den 18. Mai 1919, fand die dritte Vor-
besprechung — diesmal wieder hauptsächlich mit dem Personal des
V. S. K. statt.

Die Statuten wurden artikelweise durchberaten, wobei B. Jaeggi
über die Bedeutung jedes Paragraphen eingehende Ausführungen
machte und damit eine wertvolle Einführung in das Grundgesetz der
Siedelung vornahm. Man darf sagen, dass durch dieses Verfahren
alle Gründer über das Wesen der Genossenschaft, über die von ihr
zu erwartenden Rechte und über die ihr schuldig werdenden Pflichten
orientiert wurden, ehe sie sich für den Beitritt entschliessen mussten.

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Eine weitere Aufgabe wurde der gleichen Versammlung gestellt
durch die Besprechung der Baufragen. In einstimmiger Entschliessung
wurde dem Lageplan des Architekten Hannes Meyer der Vorzug ge-
geben.

Um der gründlichen Erläuterung der Statuten, die ebenso gründ-
liche Erklärung der Siedelung und der Häuser beizufügen, musste
auch noch der Sonntagnachmittag in Anspruch genommen werden.
Alle kamen gerne nochmals und mit ihnen auch zahlreiche Angehörige,
so dass der kleine Saal im Gundeldinger-Kasino dicht besetzt war.
Man muss damals dabei gewesen sein, um zu wissen, wie sehr die
Aussicht auf ein Freidorfheim bereits viele erfasst und sie besorgt
gemacht hatte für das Zustandekommen des Ganzen wie für die
Berücksichtigung der Wünsche im Einzelnen. Das Dorf, die Strassen,
die Alleen, die Gemeinschaftsbauten, die Gärten, die Häusertypen,
dann das Innere vom Keller bis unter den Dachfirst, kurz, alles wurde
so besprochen, als handle es sich um streng verbindliche Weisungen,
während bisher alles unverbindliche, aber jedenfalls wertvolle Vor-
arbeit war, weil nun alle, die zum Mitmachen geneigt waren, ihre
bezüglichen Entschlüsse in voller Kenntnis aller Umstände fassen
konnten.

Die Gründungsversammlung


Die formelle Gründung der Siedelungsgenossenschaft Freidorf
konnte schon zwei Tage später, am 20. Mai 1919, erfolgen. B. Jaeggi
eröffnete die Versammlung mit einem nochmaligen Hinweis auf den
Zweck der Gründung: «Was wir heute gründen, soll auch andern ein
Vorbild sein. Die Grundbedingung aber, um das, was wir bezwecken,
durchführen zu können, ist, dass wir uns gegenseitig verstehen und
ohne jedes Misstrauen an das Werk herantreten wollen.»

Unter dem Vorsitz Jaeggis erledigte die Versammlung die Tages-
ordnung rasch. Die in der vorerwähnten Versammlung durchberatenen
Statuten erhielten die einstimmige Genehmigung. Bezüglich der Mit-
gliedschaft wurde bestimmt, dass vorerst nur Personen, die im V. S. K.
tätig sind, als Mitglieder in die Genossenschaft aufgenommen werden
sollten. Die bis jetzt angemeldeten 93 Personen wurden als Gründer
und Mitglieder der Genossenschaft bezeichnet. Die Zahl der Ver-
waltungsratsmitglieder wurde auf neun festgesetzt und bei der Wahl
darauf Bedacht genommen, dass neben der Eignung die Zusammen-
setzung aus möglichst allen Betrieben erfolgte. Der Wunsch aller
war, dass B. Jaeggi das Präsidium des Verwaltungsrates übernehme,
aber der Vorgeschlagene lehnte die ihm zugedachte Ehre des be-
stimmtesten ab, weil er als Präsident der Verwaltungskommission des
V. S. K. namentlich im Hinblick auf die engen geschäftlichen Verbin-
dungen (die Finanzierung der Siedelungsgenossenschaft durch den

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V. S. K.) nicht Mitglied des Verwaltungsrates sein wolle. Zur Freude
der Mitglieder kam er dann als Delegierter der Verwaltungskommis-
sion des V. S. K. in den Verwaltungsrat und war nun der verdienst-
volle Berater des letztem in allen die Siedelungsgenossenschaft Frei-
dorf betreffenden Angelegenheiten.

Genehmigt wurde dann der von Jaeggi vorbereitete Ankauf der
für die Erstellung des Freidorfes erforderlichen Liegenschaften auf
dem «Schänzli».

Liegenschaft Rosenthal mit einem Flächeninhalt von 81,572 m2
zu Fr. 2.60 per m2:

Liegenschaft Ramstein und Konsorten mit einem Flächeninhalt
von 1489 m2 zu Fr. 6.— per m2;

Liegenschaft Christen Erben mit einem Flächeninhalt von 1675 m2
zu Fr. 8.— per m2.

Ende Dezember 1919 wurde eine weitere angrenzende Land-
parzelle Ramstein, haltend 1714 m2, zu Fr. 3.50 per m2 zugekauft.

Die ersten Baufragen


Der Verwaltungsrat und der Delegierte des V. S. K. haben mit
dem Architekten in zahlreichen Sitzungen alle allgemeinen und be-
sonderen Baufragen eingehend, manches zu wiederholten Malen, be-
sprochen. Um keine Möglichkeit zu vernachlässigen, die zu An-
regungen und Ratschlägen in bezug auf Lageplan, Strassen, Kanalisa-
tion und Gebäude führen konnte, berief Jaeggi auf den 8. Juni 1919
eine Konferenz von anerkannten Fachmännern ein, an der auch die.
meisten Mitglieder des Verwaltungsrates teilnahmen. Auch der Basler
Physikus, Herr Dr. Hunziker, war anwesend, um die sanitarische Seite
der Anlage, namentlich die Kanalisation, zu begutachten.

Die Beratungen in dieser Fachmännerkonferenz ergaben die
Feststellung, dass der Lageplan — ein Kompromiss zwischen Reihen-
haus und offener Häuseranlage — eine gute Lösung darstelle, was
angesichts des dreieckigen Geländes besonders anzuerkennen sei.
Wünschenswert wäre eine Bebauung mit der Muttenzer Landstrasse
ais Basis.

Eine nicht unwesentliche Rolle hatte schon in den Vorbespre-
chungen die Kanalisation gespielt. Alle Erwägungen ergaben, dass
auf die Berücksichtigung der hygienischen und der praktischen Seite
Bedacht genommen werden müsse. Die Ertragsfähigkeit der Gärten
erfordert Düngmittel, die durch Abortgruben gewonnen werden kön-
nen, wogegen die Hygiene verlangt, dass auch ihr Rechnung getragen
wird, wenn der Vorteil des Landlebens in bezug auf günstige Beein-
flussung der Gesundheitsverhältnisse nicht wieder illusorisch gemacht
werden soll. Die möglichen Systeme wurden in Erwägung gezogen,

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aber schliesslich musste dem System des Überlaufs — selbsttätiger
Abfluss bei überschüssiger Füllung der Grube — der Vorzug gegeben
werden. Herr Dr. Hunziker bezeichnete diese Lösung in praktischer
Hinsicht als gut und zweckmässig, auch brauchen dagegen aus hygie-
nischen Gründen keine Bedenken erhoben zu werden. Im Laufe der
Besprechung wurde auch auf die Sickermethode hingewiesen, allein
die Beschaffenheit der Bodenverhältnisse liess einen kostspieligen
Versuch nicht als empfehlenswert erscheinen .

Die wichtige Frage des Grundrisses der Häuser gab den Sach-
verständigen zu grösseren Beanstandungen keinen Anlass. Es wurde
im Gegenteil anerkannt, dass die Pläne, sowohl hinsichtlich der Ein-
teilung als der Grösse der Räume auf alles Zweckmässige Rücksicht
nehmen.

In bezug auf die Heizung und Beleuchtung billigten die Sach-
verständigen die Absicht, auf die Zuleitung von Kochgas zu verzich-
ten, da die Verwendung der Elektrizität zu Kochzwecken als ange-
nehmer und rationeller bezeichnet werden müsse.

In der Sachverständigenkonferenz wurden noch allerlei neben-
sächliche Punkte, wie Bodenbelag, Abortverhältnisse, Werkzeugräume,
Spielplätze, Tierställe usw. erwähnt, so dass es dem Verwaltungsrat
nicht an Fingerzeigen fehlte, als er noch an demselben 8. Juni zur
Behandlung der Baufragen schritt und in zahlreichen weiteren Sitzun-
gen dieses wichtige Thema fortsetzte.

Der Lageplan wurde in Berücksichtigung der vorerwähnten
Anregungen der Fachmännerkonferenz (Orientierung nach der Mut-
tenzerstrasse) vom Architekten abgeändert und vom Verwaltungsrate,
sowie dann von der Generalversammlung in der neuen Form mehr-
heitlich akzeptiert, weil damit sowohl den architektonischen als den
praktischen Anforderungen besser Rechnung getragen werden kann.
Hier zeigte es sich, dass der ursprüngliche Plan mit den etwas ge-
bogenen Häuserzügen die Augen schon so sehr befriedigt hatte, dass
einige Mitglieder des Verwaltungsrates sich zum Preisgebea nicht ent-
schliessen konnten. Auch andern Mitgliedern wurde dies schwer, aber
sie wollten den fachmännischen Rat nicht ignorieren.

Zwischen die immer noch im Werden und Vergehen und Wieder-
werden stehenden Baufragen kam die Aufgabe der Häuserverteilung.
Der Verwaltungsrat wollte, um jedem Verdachte, als sei dabei die
Parteilichkeit im Spiele, zu entgehen, die Reihenfolge, die zum Be-
ziehen der Häuser berechtigte, auslosen. Schliesslich wurde diesem
Verfahren, das eine befriedigende Lösung nicht in Aussicht zu stellen
vermochte, dasjenige der freien Wahl vorgezogen. B. Jaeggi übernahm
die damit verbundene Aufgabe, indem er Samstag, den 19. Juli 1919,
und am darauffolgenden Sonntag und Montag zu bestimmten Stunden
die Wünsche der Mitglieder entgegennahm und die Zuteilung vollzog.
Wenn auch nicht in jedem einzelnen Falle das Haus erhältlich war,

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auf das sich im Stillen schon der Blick gerichtet haben mochte, so
konnte im allgemeinen den Wünschen doch entsprochen werden, und
auch diejenigen, die der Genossenschaft erst nach dem grossen «Aus-
leset» beitraten, haben eine gute Wahl treffen können, weil alle Häuser
ungefähr gleichwertige Bedingungen aufweisen.

Nach definitiver Festlegung des Lageplanes und nach grund-
sätzlicher Genehmigung der Grundrisse der Wohnhäuser konnte die
Einholung der Baubewilligung beim Regierungsrat des Kantons Basel-
land erfolgen. Die zur Einreichung von Baueinsprachen erfolgte Aus-
schreibung wurde nur zur Geltendmachung nebensächlicher Begehren
benutzt, wie auch von seiten der Behörden — basellandschaftliche
Regierung und Gemeinderat Muttenz — keine das Werk verzögernden
Einsprachen erhoben wurden.

Der innere Aufbau


Musste dem Dorfbau, der ja Vorbedingung für die genossen-
schaftlichen und kulturellen Aufgaben der Siedelung Freidorf ist,
volle Aufmerksamkeit geschenkt werden, so durfte dieses Erfordernis
doch nicht dazu verleiten, den inneren Aufbau hinauszuschieben, weil
sonst befürchtet werden müsste, dass mit den Menschen die alte Art
in die neuen Wohnstätten eingezogen wäre. Es galt also, den Geist
zu erzeugen, der zur Erreichung des in den Statuten niedergelegten
Zweckes unentbehrlich ist.

Ein Werk genossenschaftlicher Tatkraft, wie wir es im Freidorfe
erblicken dürfen, will jedoch, dass den Worten die Taten folgen.
Für dieses Verlangen sollte die Grundlage geschaffen werden durch
die Ernennung von sieben Kommissionen, die einer möglichst grossen
Zahl von Siedlern Gelegenheit zur freudigen Mitarbeit bei den Er-
ziehungs- und Verwaltungsaufgaben verschaffen sollen. Der bezüg-
liche Beschluss lautet:

1. In Anwendung des § 33, Alinea 2 der Statuten, werden vom
Verwaltungsrate folgende Kommissionen ernannt:

a) eine Erziehungskommission zur Verbreitung genossenschaftlicher
Grundsätze, Verwaltung der Bibliothek;

b) eine Gesundheitskommission zur Aufsicht über die öffentliche
Gesundheit und die Anordnung der nötigen Massregeln zur Ver-
hütung und Beseitigung sanitarischer Ubelstände;

c) eine Betriebskommission zur Aufsicht der technischen Betriebe,
wie Verkaufslokale etc.;

d) eine Baukommission zur Besorgung des ganzen Bauwesens, Auf-
sicht über die Gebäude, Gartenanlagen und Strassen, elektrische
Installationen etc.;

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e) eine Finanzkommission zur Aufstellung von Voranschlägen und
Begutachtung von Kreditbegehren; Verwaltung der Spar- und
Hilfskasse;

f) eine Unterhaltungskommission zur Vorbereitung und Durchfüh-
rung von Vergnügungsanlässen, von Konzerten, Theater;

g) eine Sicherheitskommission zur Leitung des Löschwesens und
Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung.

2. Die in 1 bezeichneten Kommissionen werden auf die Dauer
des Verwaltungsrates von letzterem gewählt.

3. Die Kommissionen bestehen aus mindestens fünf Mitgliedern.
Der Vorsitzende jeder Kommission wird vom Verwaltungsrate be-
zeichnet. Im übrigen bleibt die Konstituierung jeder Kommission
ihr selbst überlassen.

4. Die Kommissionen sind berechtigt, einen Teil ihrer Aufgaben
an Subkommissionen zu übertragen.

5. Die Kommissionen haben über ihre Tätigkeit dem Verwaltungs-
rate periodisch Bericht zu erstatten.

Das Verhältnis zum Verband Schweiz. Konsumvereine

Die Siedelungsgenossenschaft Freidorf gehört dem Verbände
Schweiz. Konsumvereine als Mitglied an. Damit soll nur eine for-
melle Feststellung gemacht sein, denn alles, was in diesem Berichte
steht, sagt deutlich, dass Verband und Freidorf enger miteinander
verbunden sind als dies hinsichtlich der andern Verbandsvereine der
Fall ist. Ohne den Verband existierte unsere Siedelungsgenossen-
schaft nicht, denn sie verdankt ihr Entstehen einer Stiftung, die durch
die Verbandsbehörden in der Höhe von Fr. 7,515,140.87 errichtet
wurde. Durch den Delegierten der Verwaltungskommission im Verwal-
tungsrat der Siedelungsgenossenschaft (B. Jaeggi) wird über die Ver-
wendung der Stiftung und über die Bedingungen, die derselben zugrunde
liegen, mit der Siedelungsgenossenschaft eine Vereinbarung getroffen.

B. Jaeggi hat in seinem Referate über Jahresbericht und Jahres-
rechnung des V. S. K. die Delegiertenversammlung in Lugano (26. Juni
1920) über die Gründung der Siedelungsgenossenschaft aufgeklärt.
Nach Erwähnung des Zweckes führte er (laut Protokoll über die
Delegiertenversammlung) folgendes aus: «Der Finanzierungsplan ist
im Bericht zur Darstellung gekommen. Unsere Bilanz wird durch die
Kapitalübertragung nicht verschlechtert. Die Gelder rühren her aus
ausländischen Warentransaktionen zur Versorgung des Landes mit
Gütern, die grösstenteils glücklich abgelaufen sind. Die Rückstel-
lungen im Betrage von mehreren Millionen Franken hätten grössten-

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teils in die Kriegsgewinnsteuerkasse der Eidgenossenschaft abgeliefert
werden sollen. Deshalb wird weder der schweizerische Konsument
noch werden die Verbandsvereine irgendwie geschmälert, denn die
betreffenden Kapitalien konnten nur für das Siedelungswerk frei
gemacht werden. Mit der Schaffung des Freidorfes sollen auch eine
Anzahl Probleme zur Lösung gebracht werden.

1. Nach unserer Auffassung hat der Arbeitgeber gewissermassen
die Verpflichtung, für Wohnungen zu sorgen, namentlich dann, wenn
er gezwungen war, wie das beim V. S. K. zutrifft, Wohnungen zu
Bureauzwecken umzuwandeln;

2. soll in der gegenwärtigen Zeit jeder, der es kann, an der
Lösung der Wohnungsfrage mitarbeiten;

3. ist es eine wichtige Erkenntnis, dass die wahre Erziehungs-
arbeit der Menschen nur in kleinen Gruppen erfolgen kann, und vor
allem Erfolg verspricht, wenn gleichzeitig jede Familie über ein Heim
verfügt. Wer mit der Natur in engster Beziehung steht und lebt,
dessen Denkart wird günstig beeinflusst. Die Siedelung soll zu einer
Art Vollgenossenschaft werden; die Siedler sollen die Möglichkeit
erhalten, ihren ganzen Bedarf in der Genossenschaft zu decken. Das
Prinzip der Selbstverwaltung wird darin in weitem Masse zur An-
wendung gelangen und der einzelne soll einen Teil seiner freien Zeit
freiwillig und unentgeltlich in den Dienst der Genossenschaft stellen.
Mit diesen Grundsätzen kehren wir zurück zur besseren Einfachheit.
Wir wollen vorbildlich wirken nicht nur für die schweizerische Be-
wegung, sondern auch für das Ausland, das unserm Werke heute
schon grosses Interesse entgegenbringt.»

Die Delegiertenversammlung genehmigte einstimmig Jahres-
bericht und Jahresrechnung, wodurch auch die Errichtung der Frei-
dorfstiftung gebilligt wurde. Es ist natürlich gerechtfertigt, dass die
kompetente Stelle des Verbandes diejenigen Bestimmungen aufstellt,
die eine Benützung der Stiftung im Sinn und Geist des Stifters
garantieren.

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oeffentlich/25jahre/auszuege_aus_dem_jahresbericht_der_siedelungsgenossenschaft_freidorf_pro_1920.txt · Zuletzt geändert: 2022/05/13 10:57 von pop

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